Mein altes Hamburg

Andreas Pfeiffer

22587 Dockenhuden/Elbe 

Der Hagenbeck'sche Tierpark in Stellingen

Nach Dr.Alexander Sokolowsky (1909)

Der Hagenbeck‘sche Tierpark bei Hamburg: Übersicht. Die Eigenart des Hagenbeck‘schen Tierparkes, den gefangenen Tieren möglichst ihrer Heimat entsprechende Aufenthaltsorte zu bieten, kommt in diesem Bild deutlich zur Anschauung. Große Tiergehege, in de

Vor zirka zwei Jahren wurde bei dem in der Nähe Hamburgs gelegenen Dörfchen Stellingen ein Tierpark eröffnet, welcher sich in seinem ganzen Ausbau von den bisher bestehenden zoologischen Gärten unterscheidet. Sein Gründer und Besitzer, der bekannte Großkaufmann und Tierhändler Karl Hagenbeck, hat sich bei der Anlage seines neuen Unternehmens von der Idee leiten lassen, einen Tierpark zu erstellen, in welchem die darin untergebrachten gefangenen Tiere eine Ihrer Lebensweise entsprechende Unterkunft finden. Herr Hagenbeck ging dabei von der richtigen Anschauung aus, dass die aus fremden Gegenden der Erde stammende Geschöpfe nur dann an unser nordisches Klima zu gewöhnen sind, wenn sie Aufenthaltsorte vorfinden, in denen sie die ihrer Organisation entsprechenden Bewegungen ausführen können. So erhielten die Klettertiere, wie Steinböcke, Wildschafe, Ziegen und andre mehr künstlich errichtete Felsen als Aufenthaltsort, auf denen sie ihrer Natur entsprechend nach Herzenslust umherklettern können. Den Eisbären stehen große Felsblöcke zur Verfügung, die Ihnen die Eisblöcke ihrer nordischen Heimat ersetzen, indem sie dieselben ebenfalls zum Klettern benutzen können, während zahlreiche Wassertiere, wie Walrosse,Seelöwen, Seehunde, Schwimmvögel und andere Tiere geräumige Wasserbassins als Wohnort erhielten, wobei sie ungestört ihr Wesen treiben können. Afrikanische Antilopen, indische Rinder, Zebras, exotischen Hirschen, Kängurus und vielen anderen Tieren stehen große, ausgedehnte Gehege zur Verfügung, auf denen sie sich tüchtig tummeln können. 

Bildhauer Urs Eggenschwyer in Zürich mit seinem Panther. Der berühmte Schweizer Tierbildhauer hat die felsapartien im Hagenbeck'schen Tierpark erstellt.

Vor allem sah sich Herr Hagenbeck aber vor die Aufgabe gestellt, seine Tiere so an das Klima zu gewöhnen, dass sie auch im Winter, die der Natur ihrer Heimat entsprechenden Aufenthaltsorte benutzen können, d.h. auch während der kalten Jahreszeit im Freien aushalten. Dieses ist ihm denn auch für eine große Reihe der verschiedenartigsten aus heißen und warmen Gegenden der Welt stammenden Säugetiere und Vögel gelungen. Im Hagenbeck’schen Tierpark laufen auch während des Winters afrikanische Antilopen, Zebras, indische Rinder, exotische Hirsche, Schafe, und Ziegen, Kängurus und andere fremdländischen Säugetiere, wie auch zahlreiche indische Kraniche ausländische Enten und Gänse, aus den Tropen stammende Fasane und andere Vögel bei Wind und Wetter im Freien umher. Auch afrikanische Strauße wurden an das Klima gewöhnt, dass sie ebenso jegliche Temperatur im Freien aushalten.  Diesen an das Klima gewöhnten Tieren stehen nicht mit eignen Heizanlagen versehene Winterräume zur Verfügung, sondern es dienen ihnen nur ganz einfach gebaute Schutzhütten, deren Türen Tag und Nacht offenstehen, und welche völlig unheizbar sind, als Unterkunftsräume gegen die Unbilden der Witterung, wie auch als Schlafräume zum Ausruhen. Das Tier reguliert demnach auf diese Weise sein Licht-, Luft und Bewegungsbedürfnis nach eigenem Ermessen, indem es im Stall verbleiben oder in das Freie treten kann.

 

Der Arbeitselefant zum Fortschaffen eines Menageriewagen verwendet. Einmal wurde auch ein entgleister Wagen der Elektrischen Bahn von ihm auf die Schienen gebracht und ein anderes Mal ein Automobil, das in einen Graben gestürzt war herausgezogen

Der Elefant spielt eine große Rolle. Stets ist eine größere Anzahl dieser Dickhäuter in Dieser Anstalt vorhanden. Man verwendet diese Tiere zur Dressur, worin sie erstaunliches leistete; aber man braucht sie auch bei der Arbeit; beim Bau des Parks mussten diese Tiere schwere Steinblöcke fortwälzen, Schuttkarren ziehen usw.

Das Eismeer Panorama, die schönste Szenerie des Parks. Sie ist mit Eisbären, Rentieren, Walrossen, Seehunden und verschiedenen Vögeln bevölkert. Die Eisbären sind von den Robben durch einen tiefen Graben , von den Rentieren durch eine Felsmauer getrennt

Um in dieser Beziehung konsequent vorzugehen, hat Herr Hagenbeck das System seiner Tierhaltung nicht nur auf harmlose Geschöpfe Anwendung finden lassen, sondern er hat dasselbe auch auf die großen Raubtiere, Löwen und Tiger, ausgedehnt. In seiner Raubtierschlucht, einer felsigen, Schluchtartigen  Anlage, befinden sich eine Anzahl von Löwen scheinbar im Freien; denn dieselben sind von dem Publikum nicht durch Gitter, sondern durch einen einem 8 Meter breiten und fünf Meter tiefen Graben getrennt. Die in das Raubtierhaus führenden Falltüren werden offengelassen, und es steht auch diesen Tieren frei, nach eigenem Trieb im Freien zu sein oder Ruhe im Schutzraum zu pflegen.

Bei der gesamten Tierhaltung waltet der Wunsch vor, möglichst die Tiere nicht allein zu halten, sondern mit ihresgleichen oder mit anders gearteten Tieren vereinigt, in gemeinsamen großen Gehegen leben zu lassen. Auf diese Weise vermisst das gefangene Geschöpf die Freiheit weit weniger, es vergisst durch Spiel und Scherz seinen

Kummer, bewegt sich unausgesetzt in frischer Luft und bleibt auf diese Weise gesund. 

Das Tierparadies

Das Gehege, die Raubtierschlucht, die Felsen u.s.w. sind durch breite vertieft gelegte Wege voneinander getrennt, die aber vom Konzertplatz aus unsichtbar sind, so dass es scheint, als leben hier die verschiedenartigsten Tiere, die sonst nie zusammenkommen, friedlich miteinander. 

 

 

Giraffengehege

Eine Zeitlang waren die Giraffen in den zoologischen Gärten ausgestorben, da durch die Kriege des Mahdis der Sudan als Handelsgebiet für den Giraffenexport verschlossen war. Jetzt kommen diese langhalsigen Afrikaner ab und zu wieder nach Europa. Das Bild zeigt einige besonders schöne Exemplare in ihrem geräumigen Gehege. 

Affen bei der Mahlzeit

Menschenaffen sind die größte Zierde für einen Tierpark. Der Hagenbeck‘sche Park besitzt stets mehrere Exemplare davon. Durch geschickte Dresseure und gute Tierpfleger lassen sich diese Affen wie Kinder erziehen. Das Bild zeigt, dass es gelingt, diesen klugen Affen ein gesittetes Benehmen bei Tische anzugewöhnen. Es handelt sich dabei um einen Schimpansen aus Westafrika und zwei Orang-Utans aus Borneo. 

Der Hagenbeck‘sche Tierpark besteht aber nicht nur aus dieser Tierausstellung, sondern seine Eigenart liegt namentlich als Tierhandelsinstitut, welches Beziehungen mit aller Welt unterhält. Aus diesem Grunde finden sich dort zahlreiche Tiere in kleinen Käfigen gelagert, welche häufig nur wenige Tage am Ort verbleiben, da sie dann per Bahn oder per Schiff zur Versendung gelangen. Zahlreiche Affen, unter diesen einer Anzahl an Menschenaffen, viele große Raubtiere, wie Löwen Tiger, Bären u.s.w., zahlreiche Antilopen, Hirsche, Rinder, Schafe, Ziegen, Kängurus, sowie große Scharen der verschiedenartigsten Vögel sind in allen Altersstadien vertreten. Außerdem beherbergt das Reptilienhaus eine große Anzahl Schlangen, unter diesen gewaltige Riesenschlagen, Echsen, Krokodile und Schildkröten. Der Besuch des Tierparks bietet daher dem Naturfreund eine reiche Fülle des interessantesten Stoffes für die Beobachtung. 

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