Mein altes Hamburg

Andreas Pfeiffer

22587 Dockenhuden/Elbe 

Jean Cesar VI. Godeffroy 

und die erste deutsche Flotte

 

 

J.C. VI.Godeffroy

Es braucht kaum gesagt zu werden, daß ein Mann wie Godeffroy in jedem Augenblick  seine ganze Kraft für den Ausbau der vom Vater und Großvater übernommenen Firma einsetzte Zeit, sich am Leben des Gemeinwesens der Hansestadt zu beteiligen, blieb ihm daneben kaum, so groß auch immer die Anteilnahme an allen Fragen, die Vaterstadt und Vaterland bewegten, sein mochten. Dennoch konnte und wollte Godeffroy sich den Ämtern, die ihm das Vertrauen seiner Mitbürger übertrug, nicht entziehen. Von seiner Wahl zum Mitglied des Kommerziums im Jahre 1841 wurde schon berichtet, 1845 wählte dieses ihn zu seinem Präses, und gleichzeitig trat Jean Cesar in die Verwaltung der Hamburger Bank ein. Als er im folgenden Jahr in die Deputation für Schiffahrt und Hafen gewählt wurde, legte er das Amt des Präses des Kommerziums nieder, und ebenso die Mitgliedschaft in der Maklerordnung, die er gleichfalls seit 1841 innegehabt hatte. - Später wurden ihm ähnliche Ämter wiederholt übertragen. So war er von 1850 bis 1866 Alt-Adjungierter des Kommerziums.

An dem Geschehen von 1848, dem Ausbruch des Schleswig-holsteinischen Krieges wie die Revolution, die das Schwache Gebäude des Deutschen Bundes umzustürzen schien nahm Godeffroy mit ganzer Seele teil.

In diesem Ereignisreichen Jahr, in dem alle vormärzlichen Schranken für ein einiges Reich fielen, so daß die Sehnsucht aller Patrioten sich zu erfüllen schien, konnte er nun zum zweiten Aufbau Deutschlands wirken. Hatte es vor sechs Jahren die Gründung einer deutschen Kolonie in Übersee gegolten, so galt es jetzt, eine deutsche Flotte zu Schaffen.. Zu deutlich war es geworden, wie ohnmächtig man ohne eine Flotte war. Einem einzigen dänischen Kriegschiff, der Fregatte "Gefion" - es war dieselbe, die am 5.April 1849 von den schleswig-holsteinischen Batterien unter Kapitän Jungmann bei Eckernförde zusammengeschossen und erobert wurde - gelang es seit Ausbruch der Schleswig- holsteinischen Erhebung, die Ausfahrt deutscher Schiffe aus der Elbmündung zu verhindern. Konnte man da untätig zusehen? Gab es ein Mittel, dies freche Tun zu hindern? Am 5.Mai 1848 erließ Godeffroy zusammen mit Robert M.Sloman im "Hamburgischen Correspondenten" einen Aufruf zur Gründung einer deutschen Flotte, der berühmt geworden ist als Zeichen des erwachenden Willens der Deutschen, dem zu schaffenden Reiche die Mittel zur Ausübung staatlicher Macht in die Hand zu geben: "Die deutsche Flagge ist nicht mehr frei, und die deutschen Häfen sind durch dänische Kriegschiffe gegen jeden Verkehr gesperrt! Auf denn, Deutsche, wehrt euch und Ergreiftdie Mittel, ein Joch und die Fesseln abzuschütteln, die die deutsche Flagge nicht dulde und nicht tragen darf! Bewaffnet Dampfboote und Kauffahrteischiffe und besetzt sie mit Männern, die entschlossen sind, unsere Flagge von der erniedrigenden Schmach zu befereien und wenn auch theuer erkämpft, so wird der Sieg unser seyn! - 

Auf denn. erstehe, junge Marine, zur Verteidigung der deutschen Flagge! Nur rasch ans Werk gegeangen und die Ausführung muß gelingen! - Die Unterzeichneten fordern zu einer allgemeinen Versammlung am Sonnabend, dem 6.Mai, um 2 Uhr, im Großen Saale der Börsenhalle auf und werden dann ihre Pläne vorlegen

J.C. Godeffroy & Sohn, Rob.W. Sloman" 

1.Deutsche Flotte: von links nach rechts: Dampfer Hamburg, Corvette Franklin, Kanonenboot St.Paul, Dampfer Lübeck,Fregatte Deutschland, Dampfer Bremen

Dieser Aufruf und die Rede, die Godeffroy auf der Versammlung in der Börsenhalle hielt, erweckte eine ungeheure Begeisterung. Ein Flottenverein wurde gegründet und Zeichnungslisten wurden ausgelegt. In Hamburg allein kamen 330.000 Mark zusammen, mehr als im ganzen Deutschland.  J.C.Godeffroy & Sohn stellten ihr größtes Schif, den Dreimaster "Godeffroy", zur Verfügung, der den stolzen Namen "Deutschland" erhielt. Sloman gab die beiden Segelschiffe "Franklin" und  "Johanna". - So waren Schiffe da und Geld und Begeisterung, aber es fehlte an dem Notwendigsten, an Waffen und auch an Offizieren. Gustav Godeffroy mußte nach nach London reisen, um die Ausrüstung der Flotte zu beschaffen und englische Offiziere zu werben.  Die "Deutschland" wurde mit 32 englischen Kanonen ausgerüstet und erhielt einen englischen Kapitän, wahrhaft ein grotesk-schmerzhaftes Bild, das die politische Ohnmacht Deutschlands zeigte! Die Dänen kümmerten sich denn auch nicht im geringsten um die neue Flotte, ihre Blockade wurde sogar noch drückender als zuvor.

Besonders schlecht erging es der "Deutschland". Die Kommission der provisorischen Zentralregierung, die am 14.Oktober 1848 die inzwischen vergrößerte Flotte abnahm, lehnte die Übernahme des Godeffroydschen Schiffes ab. Daher nahm die "Deutschland" auch nicht an dem einzigen Gefecht dieser ersten deutschen Flotte, dem Treffen vor Helgoland am 4..Juni 1849, teil, und das Ende des Schiffes war ruhmlos wie die ganze Flotte. 1852 wurde es für 15 % des Schätzungswertes von einer Bremer Firma erworben.

Nachden der Flottenplan, die die Brüder Godeffroy mit so großer Begeisterung zu ihrer eigenen Sache gemacht hatten, an der Macht der Verhältnisse gescheitert war, fehlte es ebenso wie nach dem Scheitern des Waurekauri-Planes nicht an Poeten die sich zu unberechtigten und lächerlichen Angriffen verpflichtet glaubten. Im Reich erschien ein Flugblatt mit dem Titel "kennst Du die Stadt?", in dem es hieß:

 

"kennst Du die Stadt, wo voller Edelsinn

Man Schiffe giebt zur deutschen Flotte hin?

Das heißt Geld, für schweres Geld

Ein Wrack, das in sich zusammenfällt!"

 

 

Jean Cesar wie auch Sloman hätten sich von diesen Worten mit Recht verletzt fühlen können. Schmerzlicher als solche kleinlichen Angriffe jedoch mußte für Godeffroy die Erkenntnis sein, daß jetzt wie schon 1842 das Fehlen einer realen Staatsmacht seinem Wollen zum Verhängnis geworden war. Wie die Dinge lagen, konnte er nichts anderes tun, als sich von neuem mit aller Kraft dem Ausbau des eigenen Hauses zu widmen. 

 

 

Gustav Godeffroy 1864

Gustav Godeffroy dagegen hatte die Erregung dieser Wochen und Monate, die allgemeine Begeisterung für das neue Deutsche Reich, das erstehen sollte, so ergriffen, daß er den Entschluß faßte, aktiv an der Gestaltuung der Dinge teilzunehmen. Als von den Kandidaten, die Hamburg der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche entsandt hatte, einer, nämlich Edgar Roß, zurücktrat ging Gustav Godeffroy als sein Nachfolger nach Frankfurt, willens,  das seine zur Vollendung des großen Werkes zu tun. Er beteiligte sich mit Eifer an allen Verhandlungen, aber bald beschlichen ihn Zweifel am Gelingen der ungeheuren Aufgabe. Sein allen realen Tatsachen des völkischen und staatlichen Lebens offener Sinn erkannte schnell, daß das Werk nur gerettet werden könne, wenn einer der großen deutschen Staaten die Frankfurter Dinge zu den seinen machen willens sein würde. Deshalb stimmte er in der denkwürdigen Abstimmung vom "9.März 1848 für die Wahl Friedrich Wilhelms IV. zum deutschen Kaiser. Als dieser die Wahl jedoch abgelehnt hatte, war Gutav Godeffroy sich klar darüber, daß alles ein schöner Traum gewesen, für dessen Verwirklichung die Zeit noch nicht reif war. Gustav Godeffroy kehrte schnell nach Hamburg zurück. Auch er war gewillt, jetzt seine ganze Kraft den Hause J.C. Godeffroy &Sohn zu widmen.

Große Aufgaben harrten seiner

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