Mein altes Hamburg

Andreas Pfeiffer

22587 Dockenhuden/Elbe 

Ernst Georg Sonin

(* 10.06.1713 Quizow/Perleberg   † 8.7.1794 Hamburg) 

Ernst Georg Sonnin kam am 10. 6. 1713 in Quitzow bei Perleberg in der Prignitz als Sohn eines Pastors zur Welt. Den Jungen, der früh seinen Vater verlor, nahm Johann Kruse, ein Freund der Familie, mit sich nach Altona, wo Kruse Konrektor der Friedrichsschule wurde, die Sonnin besuchte.
Der durch seine überdurchschnittliche Begabung auffallende Ernst Georg Sonnin erhielt von Altonas Oberpräsidenten Graf
Hans Rantzau ein Stipendium für das Studium der Theologie an der Universität Halle (Saale) 1734. Aber er wechselte doch schon bald von der Theologie zum Studium der Mathematik und der Naturwissenschaften, das er 1736 an der Universität Jena fortsetzte. Ein Jahr später kehrte er nach Hamburg zurück, wo er zunächst sein Geld als Hauslehrer für Latein und Mathematik verdiente. Nebenher baute (und verkaufte) Sonnin mechanische Instrumente wie Wasser- und Pendeluhren, Winkelmesser,
Theodoliten, Zielfernrohre, Erd- und Himmelsgloben und fertigte Flurkarten für Vermessungen. Auch beschäftigte ihn
1748 das in Hamburg besonders dringliche Problem der Trockenlegung von Kellern. .
Allmählich wechselte Sonnin ganz in den Beruf eines Baumeisters über, so errichtete er 1749 für Pieter de Voß in Altona eine Brauerei; gemeinsam mit Johann Leonhard Prey schuf er von 1750 bis 1762 den Neubau der St. Michaeliskirche, deren Bauleitung er 1757 nach dem Tode Preys übernahm. Eine Spezialität
Sonnins war das Richten windschief gewordener Kirchentürme:
1759 übernahm er diese Arbeit in Bergedorf und beim Hamburger Nikolaiturm, 1762 folgte der Turm des Doms. Auch auswärts wurde Sonnin tätig: von 1763 bis 1766 leitete er den Umbau des
Kieler Schlosses, von 1765 bis 1767 baute er die Drostei Pinneberg.
Als auf Anregung des Juristen Dr. Johann Ulrich Pauli nach dem Vorbild der Londoner „Society for the Encouragements of Arts, Manufactures and Commerce“ von 1754 die „Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Manufacturen, Künste und nützlichen Gewerbe“ (genannt „Patriotische Gesellschaft“) 1765 gegründet wurde, gehörte Sonnin neben Johann Georg Büsch, Nikolaus Anton Johann Kirchhof, Elert Maak, Johann Albert Heinrich Reimarus und Johann Friedrich Tonnies zu den Grün-
dungsvätern, 1790 ernannte ihn die Gesellschaft zu ihrem Ehrenmitglied. Die Preisaufgaben der Patriotischen Gesellschaft waren ganz nach dem praktischen Sinn Sonnins gestaltet, mit ihrer Lösung sollten in Hamburg 

anstehende Probleme recht bald angefaßt
werden: brauchbarer Kalk, Erdbohrer, Rostschutz für Eisen, Feuerlöschwesen, z. B. die Verbesserung von Spritzen.
Selbstverständlich erlitt Sonnins unablässige Bautätigkeit keine Unterbrechung: Von 1766 bis 1771 errichtete er die Universität Kiel, 1770 wurden die Kirchtürme von St. Katharinen und der Dreifaltigkeitskirche in Harburg (1944 zerstört) begradigt, 1773 die Wilhelmsburger Kirche instandgesetzt, 1776 baute er das
Herrenhaus Steinfurth bei Steinbek, 1775 bis 1780 die Kirche in Wilster, 1776/77 das Gartenhaus Michaelsen in Wilster, 1785 das
Wohnhaus Doos in Wilster. Lüneburg ernannte ihn 1785 zum Stadt- und Salinenbaumeister; da war Sonnin schon berühmt als der Schöpfer des „Michel“, des Turms von St. Michaelis in
Hamburg, den er von 1776 bis 1781 errichtete, und der in seiner ungewöhnlichen, vorbildlosen Form Sonnins Meisterwerk genannt werden muß. Für den vermögenden Reeder Berend Roosen baute Sonnin 1787 dessen Wohnhaus an den Vorsetzen Nr. 2/3.
Und nach so vielen christlichen Gotteshäusern, die er baute oder renovierte, schuf er 1788 für die jüdische Gemeinde Hamburgs die 1906 abgerissene Synagoge in der Elbstraße.
Sonnin hat sich in den ihm noch verbleibenden sechs Jahren nicht mehr mit Architektur beschäftigt, sondern mit Fragen der Entwässerung und des Deichschutzes. Obwohl er ein völlig anspruchsloser Mann von sehr bescheidener Lebensführung war, der Zeitlebens für sich allein gelebt hat, starb er am 8. 7. 1794 in Hamburg verschuldet, denn Hamburg zahlte ihm nur ein Viertel des Gehalts, das damals andere Baumeister außerhalb Hamburgs bezogen. Jonas Ludwig von Heß, der bedeutende Stadtchronist Hamburgs, hat Sonnin wenige Jahre nach dessen Tod so
charakterisiert:
„Sonnin gehörte zu den außerordentlichen Menschen im erhabensten Sinne des Wortes. Er war ein Mann, der seine Welt in sich selbst herumtrug, die ihm die ganze äußere Welt nicht
darzubieten vermochte. Nie hat vielleicht ein Mensch mehr - unbekümmert um sich selbst - für das Öffentliche und das Wohl anderer gewirkt als Sonnin, während seines dreiundachtzigjährigen bis zum letzten Hauche tätigen Lebens.“
Der Leichnam Sonnins wurde am 11. 7. 1794 in einer Gruft unter dem Chor von St. Michaelis, seiner Schöpfung, beigesetzt.

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