Mein altes Hamburg

Andreas Pfeiffer

22587 Dockenhuden/Elbe 

Das neue Gesundheitsamt

Text: Zeitschrift Bauwelt, Heft 25, 1927

Die Schauseite des Gesundheitsamtes am Besenbinderhof. Die stark vorgezogenen, eng gereihten Klinkerpfeiler werden durch das flächige Erdgeschoß zusammengefaßt

Hermann Höger, ein Bruder des Chilehausarchitekten Fritz Höger, sah sich einer interessanten technischen und künstlerischen Aufgabe gegenüber, als er mit der Planung des staatlichen Gesundheitsamtes betraut wurde. Als  Baugelände war nur eine Baulücke vorhanden, die fast in ganzer Breite von einem Tunnel der Untergrundbahn druchzogen war, der gerade hier in schräger Richtung aufstieg. Auf beiden Seiten blieb nur sehr wenig Raum, der für die Fundierung der ungewöhnlich großen Frontlasten am Besenbinderhof benußt werden durfte. Die vorhandenen Kontruktionen

Quer - und Längenschnitt durch das Gebäude. Maßstab 1:666

Es galt, einen Bahnkörper von 11 m Breite mit Untertunnelung zu versehen und dabei große Frontlasten zu unterfangen, wobei der Verkehr der Strecke nicht unterbrochen werden durfte. Bei dieser Sachlage erschien es ausgeschlossen, eine andere Konstruktion zu wählen als Eisen.

an der ganzen Baustelle sind infolgedessen nicht weniger als 480 Tonnen Eisen in GestaIt von Stützen und Trägern eingebaut worden. Sämtliche Zwischendecken sind derart in HohIstein gerechnet, das sie bei endgüItiger Raumeinteilung an jeder SteIIe die Last der notwendig werdenden Zwischenwände aufzunehmen imstande waren. Es wurde also die Bauweise des modernen Bürohausbaues angewendet. Daraus ergab sich die schmalachsige Aufteilung der Schauseite.

 

mußten unberührt bleiben, um eine Übertragung der Erderschütterungen und Geräusche über das unvermeidIiche Maß hinaus zu vermeiden. Auch war es natürlich statisch unmögich, sie in die Fundierung einzubeziehen. Zu alledem kam noch ein in Hamburg nicht ganz seltener erschwerender Umstand: der tragende Grund fiel gerade unter dem Gebäude um drei Meter ab, weiI hier Marsch und Geestrücken aneinanderstießen.

 

 

Obschon bei der geringen Grundstücksbreite des eingebauten Hauses von 27 m und bei der oben beschriebenen Unbenutzbarkeit des wertvollen Kellerraumes eine größere Stockwerkzahl erwünscht gewesen und bei der großen Breite der baumbestandenen Straße an sich auch möglich gewesen wäre, mußte man sich angesichts der gegebenen Höhe der

Nachbarhäuser doch vorn mit einer Höchsthöhe von sieben und hinten von sechs Stockwerken begnügen. Dem durch den GeIändeabfaII bedingten Höhenunterschied ist es zu

verdanken, daß man auf dem auf Hof Hinterflügels stehend den Eindruck eines zehnstöckigen Gebäudes hat. In diesen Stockwerken ist die stattliche Nutzfläche von 4500 qm untergebracht. Die Tiefe des Grundstücks machte die Anlage von Lichthöfen notwendig, deren Anlage die GrundrißIösung erschwerte, Dafür aber den Lichtverhältnissen des Bauwerks merklick zugute kommt.

Grundriß des Kellergeschosses und des Erdgeschosses (rechts). Maßstab 1.666. Die Untergrundbahn steigt innerhalb des stark abfallenden Grundstückes zur Hochbahnstrecke an.

Der Schutz gegen Lärm und Erschütterungen der Untergrundbahn ist so erreicht, daß man auch im Erdgeschoß keine  Ahnung davon hat, daß man nur wenige Zentimeter über  den hindurchsausenden Zügen der Bahn sich befindet.

 

Außer den erwähnten Lichthöfen ist, dem Zweck des Gebäudes als Gesundheitsamt entsrechend, auch sonst für außerordentlich gute Belichtung aller Räume gesorgt. Man empfindet dies überall sofort: schon in der kleinen VorhaIIe, wenn man den Windfang am Besenbinderhof hinter sich hat, ist überall freudige Farbigkeit durch eine neuartige glänzend polierte Wandbekleidung erreicht. Das durchaus nicht aIIzu weiträuınige Treppenhaus ist räumlich aufgeIockert durch runde Durchbrüche in aIIen Stockwerken.

 

Der Iinke Nebeneingang dient dem vom übrigen Gebäude völlig getrennten Betrieb der GeschIechtskranken- Fürsorge. Der rechte Nebeneingang führt zu den Räumen des Säuglingschutzes bzw. des Landesverbandes für VoIkgesundbeitspflege. Im hinteren Flügel Iiegen die Turn- und Arbeitsräume der Krüppelfürsorge, die ihre eigene Küche mit Vorratsräumen unb Eßsaal hat. Hier können täglich 150 Kinder gespeist werden.

 

Das ganze Gebäude ist mit den modernsten Sanitären Einrichtungen, Wasch- und Baderäumen in großer ZahI versehen. Personenaufzug, Lastenaufzüge, sowie der in Hamburg nirgends fehlende Paternoster dienen dem großen inneren Verkehr. Eine ausgedehnte Telephonanlage sowie eine Lichtsignalanlage ermöglichen eine schneIIe Verständigung sämtlicher Dienststellen untereinander.

Fast alle tragenden Wände mussten daher, da an dem Bahnkörper naturgemäß nichts verändert werden durfte, während des Betriebes durch starke Eisen- und Blechträger abgefangen werden.

Das geräumige flache Dach wird als Dachgarten von der Krüppelfürsorge benutzt. 
Die architektonische GestaItung zeigen die beigefügten Abbildungen. Die Straßenfront ist in Oldenburger Klinkern ausgebildet unter sparsamer Verwendung keramischer Schmuckformen. Die eigenartig schwierigen Verhältnisse zwangen an der Rückfront zu einer ganz andersartigen Behandlung farbiger horizontaler PutzgIiederung.

 

Die Keramiken stammen von dem Bildhauer Kuöhl, für die Leitung der farbigen Ausgestaltung wurde der Kunstmaler Fischer-Trachau herangezogen. Das Ergebnis der feinsinnigen Zusammenarbeit bereicheırt Hamburg um ein schönes Werk zeitgenössischer Baukunst

 

Dr. Berger, Hamburg

Der mittlere Eingang am Besenbinderhof. Die Haupttür führt durch den Windfang in die Hauptreppenhalle, die Tür links zum Pförtnerraum
Der Windfang am Haupteingang. Die Wände sind mit Tonplatten verkleidet. Holzplastik vom Bildhauer Kuöhl, Hamburg
Das Haupttreppenhaus. Die runde Lichtöffnung in der Mitte verstärkt die Belichtung durch die Lichthoffenster
Offene Vorhalle am Nebeneingang am Besenbinderhof. Wände, Decke und Fußböden sind aus Klinker
Die Hofseite mit der Rampe der Hoch- und Untergrundbahn. Die Pfeiler zwischen den Fenstern in rotem, die Brüstungswände in hellgrauen Edelputz

Die Konstruktionen des Gesundheitsamtes Hamburg

Konstruktion und Ausführung  - Monatsheft der Deutschen Bauzeitung-  2. Feb. 1928, Nr.2

Abb. 1 Blick auf die Baustelle mit den neuen Stützmauern

ADie Bauingenieurarbeiten zu obigem Neubau, der in Nr. 69/70, Jahrg. 1927, der Deutschen Bauzeitung von Reg.Bmstr. Dr. Berger beschrieben ist und in den Abb. 2-6, S. 18 u. 19, noch einmal in Grundrissen und Schnitten dargestellt wird, sind von der Fa. Franz Hammerstein , Ing.-Büro, Hamburg, geleistet. Wie Abb. 3 zeigt, wird das Grundstück von der Hochbahn, die unter dem Besenbinderhof hindurchgeführt wird (Abb. 1), schräg durchschnitten. Die ganzen Lasten des die Hochbahn überbauenden Teiles mußten also auf die seitlich verbleibenden Grundstücksstreifen übertragen werden. Die Ingenieurfirma hatte in erster Linie die hieraus folgenden Schwierigkeiten bezügl. Der G r ü n d u n g zu meistern und durch restlose Ausnutzung aller technischen Hilfsmittel die Grundlage für den Oberbau zu schaffen. Wegen der durch die Hochbahnanlagen beschränkten Grundfläche des Baues, die von ersterer schräg durchschnitten wird, mußten für Decken und Wände die leichtesten Konstruktionen gewählt und wo irgend angängig, Hohlräume geschaffen werden. Abb. 4 zeigt solche Hohlräume in der Front. Die ganze Frontwand hat nur eine Kruste aus Klinkern, die in den oberen Geschossen einen halben Stein und im Erdgeschoß einen Stein stark ist. Der Rest ist Schwemmstein oder Hohlraum. Die auf der Frontwand lagernden Deckenträger werden von eisernen Stützen, die hinter den Fensterpfeilern stehen, getragen. Die Treppenhauswände sind als Eisenfachwerk mit Schwemmsteinausmauerung ausgebildet. Auch die Hoffrontwände wurden so leicht wie möglich konstruiert. Aber trotz dieser Lastverminderung reichte die verfügbare Grundfläche stellenweise für die Gründung nicht aus und die Lastverteilung mußte in einer Weise vorgenommen werden, die von dem Üblichen stark abweicht. Ganz besonders schwierig war die Gründung der Frontwand, die über dem Tunnel der Hochbahn durch einen 80 Cm breiten Kastenträger abgefangen wird, an der rechten Ecke. Wie aus Abb. 8-12, S. 20, ersichtlich, bleibt beim rechten Giebel ein trapezförmiger Raum über, der an der Straße nur 1,2 m breit ist und fast in seiner ganzen Fläche von einer Stützmauer eingenommen wurde, die zu der Hochbahnanlage gehört. Ohne Beseitigung oder Benutzung dieser Stützmauer war die Gründung des darüberliegenden Gebäudeteiles nicht möglich, zumal der Raum zwischen Nachbarhaus und Stützmauer zum Teil noch von Betonpfeilern, durch die der Nachbargiebel abgefangen ist, eingenommen wurde. Nur dem Entgegenkommen der Hochbahngesellschaft, die die Erlaubnis gab, die Stützmauer als Gebäudefundament zu benutzen, ist es zu verdanken, daß der Bau überhaupt aufgeführt werden konnte.

Aber selbst die Stützmauer und 2 Bohrpfähle, die sich noch eben zwischen zwei Abfangungspfeilern einbringen ließen (Vgl. Abb. 8-12 u. 13, 14, S. 21), konnten die Auflasten erst tragen, als der Front-abfangungsträger über dem Tunnel durch einen 4,6m langen, am Nachbarträger anschließenden Kragarm, auf 6,41“ verkürzt war und eine zweckmäßige Lastverteilungskonstruktion (Vgl. Abb. 13 u. 14) die Exzentrizität der Stützmauerbelastung auf ein Mindestmaß beschränkte. Aus den Abb. 13 u. 141 ist zu ersehen, daß die neue Giebelwand bis zur 2. Abfangung (Vgl. Grundriß Abb. 9) durch einen I-Träger PB50 unterstützt ist, der mit seinem rechten Auflager auf dem Ende des rechten Kragarmes der 2. Abfangung ruht. Es wurde damit nicht nur eine größere Belastung der Stützmauer erzielt, sondern auch eine Momentverringerung dieses Abfangungsträgers über dem Tunnel. Nun könnte leicht der Einwand erhoben werden, daß es noch besser gewesen wäre, den l-Träger P B 50 über die 2. Abfangung hinaus zu verlängern. Das trifft aber nicht zu. In Abb. 3, S. 18, ist hinter der 2. Abfangung ein Träger zu sehen, der hauptsächlich die Lichthofwände trägt. Dieser Träger überträgt fast seine ganze Belastung aus den beiden Lichthofwänden, der Giebelwand und den Decken auf die Stützmauer, und weil er am weitesten von der Front zurückliegt, ist seine Last für die Verminderung der Exzentrizität der Stützmauerbelastung wirkungsvoller als diejenige der 2. Abfangung. Bei weiterer Überlegung findet man auch leicht heraus, daß der senkrecht zur Front liegende Träger zwischen der 2. und 3. Abfangung ganz bedeutend und die 2. Abfangung selbst etwas entlastet wird.

Die als Fundament umgewandelte Stützmauer hatte einen, nach dem Bahnkörper hin weit ausladenden Fuß, und da die Belastung der Wand auch in bezug auf die Längsachse möglichst zentrisch sein mußte, wurde eine Verbreiterung der Wand um rd. 4001“ erforderlich (vgl. Abb. 10, 13, 14). Diese Verbreiterung ließ sich aber nicht bis zur Baulinie ausführen, denn nach Abb. 9 wird die unverbreiterte Stützmauer schon vor der Baulinie von der Tunnelwand fast berührt und eine Berührung der Tunnelwände und ihrer Fundamente mit den Gebäudefundamenten mußte der Schallisolierung wegen unbedingt vermiedenwerden. Glücklicherweise war die Verbreiterung so weit möglich, daß sie ein Auflager neben den runden Bohrpfählen ermöglichte, das außer der von einem Kragarm übertragenen Frontwandlast auch noch den Anteil vonder Giebellast aufnehmen konnte. Die übrigen, auf der Stützmauer
ruhenden Gebäudelasten, die von einem 9,6 '11 langen Verteilungsträger (Kastenträger von 1,101“Höhe, der in Abb. 13 im Schnitt erscheint) übertragen wurden, verringerten das auf die Querachse der 12 In langen Stützmauer bezogene Moment, soweit, daß die zul. Bodenpressung an der der Baulinie zunächst liegenden Kante nicht überschritten wurde. Fast ebenso schwierig wie am rechten Nachbargebäude gestaltete sich die Gründung der Frontabfangung in der von der linken Tunnelwand und der parallel zur Front laufenden Stützmauer gebildeten Ecke (Vgl. Abb. 9, Punkt B, und Schnitte dazu). Aus dieser Abbildung ist auch zu ersehen, daß die zur Hochbahn gehörende Stützmauer an der Front, die einschließlich Tunnel 73 V. H. der Gesamtlänge einnimmt, 30 cm tief in die Grundfläche des Gebäudes hineinragt und somit den für die Gründung kostbaren Raum noch weiter beschränkte. Der Fuß dieser Stützmauer nahm sogar einen 1,101“ breiten Streifen in Anspruch. Da die Stützmauer in dieser Ecke von der anschließenden Tunnelwand gehalten wurde, erteilte die Hochbahngesellschaft auch hier die Erlaubnis, den Fuß auf etwa 3 m Länge um 0,8 m abzustemmen. Diese Aussparung ist gleichfalls in Abb. 9 ersichtlich.

Die Entlastung der äußersten rechten Ecke hatte nun durch den erforderlichen Kragarm die, in dieser Ecke aufzunehmende Last derart erhöht, daß (ganz abgesehen von einer direkten Gründung) auch in Vereinigung mit den weiteren an der Tunnelwand liegenden Fundamenten die Bodenpressung zu hoch Wurde. Es galt also, auch dieses Auflager weitestgehend zu entlasten und zu diesem Zwecke wurde von dem dritten Auflager-Punkt A, bei dem endlich eine unmittelbare Gründung möglich war, nach links wiederum ein Kragarm von 5,45 m Länge angeordnet und auf diesem nicht nur die Last der Frontwand, sondern auch noch die linke Giebellast von Bm Länge gelagert. Letztere wurde von einem nicht gegründeten Eisenbetonbalken übertragen und war für die Entlastung noch besonders vorteilhaft, weil sie am äußersten Ende des Kragarmes angreift. Weiter war die Last nicht mehr zu verringern und die drei Stützpunkte A, B, C in Abb. 9 hatten von links nach rechts der Reihe nach 293, 319 und 71,1* zu tragen. Der zur Unterstützung der Frontwand erforderliche Kastenträger, dessen Auflager B ebenso wie das bereitsbehandelte Auflager C nicht direkt auf die Eisenbetonfundamente gelagert werden konnte, wird in seiner Ausbildung weiterhin näher beschrieben. Die erforderliche Auflagerfläche beiB mußte mittelbar durch einen Kragträger geschaffen werden, dessen Auflagerplatte 0,45 cm von Auflager B entfernt lag, und dessen negativer Auflagerdruck von dem Kastenträger der zweiten Abfangung aufgenommen wurde.

Abb 25. Linker Fuss des geschlossenen Rahmens der 3. Abfangung in der Montage

Die dritte Schwierigkeit lag bei der linken Ecke der Hinterfront, wo außer der direkt aufliegenden Wandlast noch der Auflagerdruck der hinteren Frontabfangung als ganz exzentrische Belastung aufzunehmen war. Die Stützweite dieser Abfangung mußte der geringen Bauhöhe wegen möglichst klein gehalten werden und die aus diesem Grunde zweckmäßige Wahl eines Zwei-Gelenkrahmens von 12,91“ Stützweite behob auch die Schwierigkeit der Gründung, denn mit Hilfe des Horizontalschubes und zweckentsprechender Wahl der Fundamenthöhe` war es möglich, eine fast vollständig zentrische Belastung der Bodenfläche unter dem Fundament zu erzielen. Auf die Ausbildung dieses Rahmens (Abb. 19-23, S. 22) kommen wir noch zurück. Abb. 8 zeigt einen Längsschnitt durch den Tunnel, der als erster Bauabschnitt zur Sicherung des Bahnkörpers aufgeführt wurde. Die ursprüngliche Forderung des Gesundheitsamtes war, daß der Erdgeschoßfußboden in gleicher Höhe mit dem Bürgersteig liegen sollte. Das ließ sich leider nicht ganz erreichen, aber selbst die eine zugestandene Stufe machte die Durchführung einer einheitlichen Fußbodenhöhe im Erdgeschoß unmöglich. So wurde denn in dem hinter dem Treppenhaus liegenden Teil und im Hintergebäude der Erdgeschoßfußboden, wie aus dem Schnitt ersichtlich, um 0,8 m höher gelegt. Die Bauhöhen für die über den Tunnel gestreckten Abfangungen der über diesem stehenden Stützen, die auch noch die Kellerdecke zu tragen hatten, waren also äußerst beschränkt; dennoch sollten die Abmessungen der Abfangungsträger in haltbaren Grenzen bleiben. Aus diesem Grunde mußte die Tunneldecke so dünn wie möglich werden, und da jede” Einschalungsart schon allein den kostbaren Höhenraum stark vermindert hätte, so konnten nur fertige Platten in Frage kommen, die auf die unteren Flanschen der Deckenträger gelegt wurden und deren Auflagerkanten außerdem gefalzt waren, damit kein Zentimeter Höhe Verloren ging. Die Decke mit ihren umgekehrten Stelzen, die in Wirklichkeit nur zum Schutz des Trägers gegen Rostgefahr und zum Aufkleben der Isolierung angeordnet sind (Abb. 8), mutet etwas sonderbar an, aber sie hat ihren Zweck glänzend erfüllt, da sie auch die geringste Verkehrsstörung Verhindert hat, ohne die verfügbare Bauhöhe mehr als notwendig zu beschränken. Die Feldweiten unter den Kastenträgern sind kleiner als die übrigen, weil sich dadurch noch zwei weitere Zentimeter Bauhöhe gewinnen ließen. Der Vorschlag, Stützen in die Mitte des Tunnels zu stellen, war für den ausführenden Ingenieur undiskutierbar, denn für die Tunneldecke waren sieüberflüssig und als Gebäudestützen hätten sie Fundamente haben müssen, die weit unter die Schienen gereicht hätten und deren Ausführung während des Betriebes mehr als fraglich gewesen wäre. Auch die Schallisolierung wäre bedeutend verwickelter gewesen, und vor allen Dingen ist es eine mißliche Sache, die Stützen eines Hauses in einen Verkehrsbetrieb zu stellen, der nichts mit dem Hause selbst zu tun hat. Der Kastenträger unter der Vorderfront mit seinen großen Kragarmen war glücklicherweise in der Bauhöhe nur in dem Teil über dem Tunnel beschränkt, und diese Beschränkung war nur beieinem Teil des rechten Kragarmes unangenehm. Die Form des Trägers ist den technischen Notwendigkeiten entsprechend gewählt. Der Träger, der sich aus zwei Stehblechen in 0,40 Abstand, vier Winkeln und den entsprechenden Deckplatten zusammensetzt, hat 0,80 Cm Breite. Am linken Ende steigt seine Höhe auf 1,58 cm an, zwischen Auflager A und B ist sie 0,92, über dem Tunnel 0,62. Schrägen vermitteln den Übergang zwischen den wachsenden Höhen. Die 2. Abfangung ließ sich auch nur mit Hilfe von Gerberträgern ermöglichen; außerdem war die Bauhöhe hier schon geringer; als an der Front. Die Höhe über dem Tunnel ist wieder 0,6201“, steigt dann auf 0,90 und am linken Auflager auf 1,071“ an.  Bei der 3. Abfangung versagte aber auch dieses Hilfsmittel, denn die Bauhöhe ist hier so gering, daß eine Abfangung der fast in der Mitte des Tunnels stehenden Stütze durch einen Träger unmöglich wurde. Aus diesem Grunde ist die Stütze schon in Höhe der Erdgeschoßdecke abgefangen und zur Erzielung möglichst geringer Querschnitte der geschlossene Rahmen gewählt, den die Abb. 15--18, S. 22, in Übersicht und Einzelheiten zeigen. 

ABB. 24 Vorn rahmen der 3. Abfangung, dahinter Rahmen der 5. Abfangung

 ADer linke Ständer, der 0,5 1“ neben dem Auflager steht, machte sowieso eine andere Lösung unmöglich. Abb. 25, S. 23, zeigt den linken Fuß dieses Rahmens-während der Montage. Interessant ist das Höhenverhältnis zu den Nachbarhäusern, die an das Hintergebäude grenzen. Die Dachtraufen der Nachbarhäuser liegen mit Erdgeschoßfußboden gleich. ln Abb. 24, S. 23, sieht man im Vordergrund den Rahmen der 5. Abfangung (Hinterfront). Die Lamellen der Ständer sind lose, damit die Stehblechverlaschungen genietet werden können. Etwas zurück ist der Rahmen der 3. Abfangung zu sehen, zwischen beiden die 4. Abfangung und ein mit diesen parallel laufender Deckenträger. Bei der 4. Abfangung lagen die Verhältnisse schon wieder günstiger, weil hier der um 0,8 In erhöhte Fußboden und der Gerberträger, trotz der im Verhältnis zur 2. Abfangung hohen Lasten, Querschnitte ergaben, die in haltbaren Grenzen blieben. Die Abb. 19-23, S. 22, zeigen den für die Abfangung der Hinterfront erforderlichen Zwei-Gelenkrahmen, für den die Bauhöhe bereits wieder so gering war, daß er nicht mehr unter dem Fußboden Verschwinden konnte. Die hierdurch entstandene Stufe im Erdgeschoß betraf aber nur die Fensternischen, die schon durch die in ihnen aufgestellten Heizkörper als nutzbare Bodenfläche nicht in Frage kommen. Der Tunnel reicht zum Schutze des Bahnkörpers und zur Schalldämpfung für die unteren Geschosse noch etwa 4 m über die Hinterfront hinaus. Die ganz aus dem Rahmen des Üblichen fallenden, Bauverhältnisse des Hintergebäudes sind aus dem Grundriß Abb. 9 und den Schnitten Abb. 10-12 ersichtlich. Zwischen den Stützmauern des Hochbahndammes und dem bis zu óm über dem Kellerfußboden liegenden Gebäude des Nachbargrundstückes eingekeilt liegen die ersten zwei Geschosse, die als Unter- und Tiefkeller bezeichnet sind. Die weit ausladenden Füße der Stützmauern greifen teilweise bis im unter die Frontwand am Bahndamm und durften doch nicht mit dem Gebäude in Berührung kommen. Ohne Opfer an Raum ging es hier nicht ab, aber es betraf nur eine kleine Fläche von 1,2'3,6m im Unterkeller. An dieser Stelle liegt die Frontwand auf um 1m auskragenden Trägern, sozusagen einen 5 Stockwerk hohen Balkon bildend. Abb. 11, S. 20, zeigt im Querschnitt e~f diese Auskragung und zugleich die Winkelmauer, die den Erddruck von dem Nachbargelände aufnimmt. Die Bodenverhältnisse wurden nach der hinteren (parallel zur Bauflucht liegend) Grenze immer schwieriger, und die Sohle des letzten Fundamentes beim Treppenhaus liegt schon 4m unter Kellerfußboden. Bevor die Fundamente für diesen Teil des Gebäudes geschüttet werden konnten, mußten erst die Stützmauern des Bahndammes, deren Sohle teilweise 3,85 m höher lag als die Fundamentsohle, unterfangen werden, und die im Schnitt e-f Abb. 11 gezeigte Stützmauer war überhaupt noch nicht vorhanden. Dabei mußte der Hochbahnbetrieb vollständig aufrechterhalten werden, und jeder Fachmann weiß, wie gefährlich Erschütterungen für fast senkrechte Ausschachtungen sind, und hier lag die Mitte des ersten Gleises nur 1,5m von der Ausschachtungskante entfernt und die Tiefe der Ausschachtung war 7m. Ohne besondere Sicherung war auch die stückweise Ausführung gefährlich, und aus diesem Grunde wurde gleich für den ganzen in Frage kommenden Wandteil die in Abb. 7, S. 19, dargestellte Absteifung des Bahndammes gewählt. Die für den Keller erforderliche Ausschachtung wurde nur so weit vorgenommen, wie es der Arbeitsraum für die Stützmauer erforderte und die so entstandene Böschung für die Absteifung der in den nächtlichen Betriebspausen eingeräumten lNP22 benutzt. Mit Ausnahme dieser Rammung konnten alle Arbeiten an der Stützmauer bei vollem Hochbahnbetrieb vorgenommen werden, denn die Bohlen wurden dem Fortgang der Ausschachtung entsprechend eingebracht und die Gefahr eines Dammrutsches kam auf diese Weise nicht in Frage. Die Bauhütte „B a u w oh l“, Hamburg, hat diese Arbeiten in der vorsichtigsten Weise ausgeführt. Abb. 6 zeigt im Vordergrund die Stützmauer fast fertig. Man sieht die dicht an den Schienen eingerammten l-Träger und die Absteifungen der Mauer. lm Hintergrund erscheint die rechte Ecke der Front. Abb. 1 zeigt die ganze Baustelle mit den zum Teil fertigen Tunnelwänden und der schon fertiggestellten Stützmauer (Vgl. Schnitt e-f, Abb. 11). Einzelheiten in der Ausführung, die von einigem Interesse sind, findet man bei der Lagerung der einzelnen Konstruktionsteile aufeinander. Es ist überall Sorge getragen, daß die teilweise über 400 t betragenden Lagerdrucke durch genügend große und zweckmäßig angeschlossene Auflagerflächen übertragen wurden.

Abb. 26 Zweigelenkrahmen über dem Haupteingang

Besonders erwähnenswert ist die Lagerung der 1. und 2. Abfangung auf den Kragträger, der nichtrechtwinklig zu den Abfangungsträgern lag. Es sind hier besondere Gußlager verwendet, die auf zwei an den Stehblechen des Kragträgers angenieteten Knaggen mit einer Gesamtauflagerfläche von zweimal 70 ' 3 = 420 110m ruhen. Die auf den Gußkörpern mit seiner 70 ' 10 = 700 110m großen Oberfläche ruhenden Kastenträger haben auch ihrerseits dieser Fläche entsprechend aus Winkeleisen und Blechen zusammengesetzte und an den Stehblechen genietete Auflagerflächen, die lückenlos auf den Lamellen und Gurtwinkeln aufliegen. Diese Lagerungen sind von den Rheinischen Stahlwerken, Werk IV -- jetzt Vereinigte Stahlwerke, Werk Duisburg/Wanheim --, die auch die gesamte Eisenkonstruktion für den Bau geliefert hat, in der sorgfältigsten Weise ausgeführt, so daß die Übertragung der sehr hohen Lasten als durchaus einwandfrei bezeichnet werden kann. Bezüglich der Stützen ist zu bemerken, daß diese aus zwei E-Eisen, Stehblechen und Laschen in H-Form zusammengenietet sind. Sie stützen sich auf die Abfangungsträger. die an dem unteren Ende der Stützenschafte befindlichen Platten von 0,3 bis 0,95m Höhe, deren untere Flächen sauber bearbeitet sind, wurden erst angenietet, als zwei Geschosse montiert und die Stützen ausgerichtet waren. Der Arbeitsvorgang hierbei war so, daß zuerst die Platten auf den Kastenträger gestellt und in die am besten passenden Löcher die ersten Niete geschlagen wurden; dann wurden die übrigen Löcher sauber aufgerieben und die weiteren Niete geschlagen. Selbst wenn die Oberflächen der Kastenträger nicht ganz waagerecht lagen, wurde auf diese Weise doch eine lückenlose Lagerung erzielt. Um die durch den Erdboden übertragenen Geräusche der Hochbahn möglichst abzudämpfen, ist bei diesem Bau auf eine gute Schallisolierung ganz besonderer Wert gelegt, und aus diesem Grunde sind unter sämtlichen Auflagern lsolierplatten verlegt, deren Druckfestigkeit Wesentlich größer ist als die zulässigen Beanspruchungen der Fundamentkörper (nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen kann diese Isolierung als vollständig gelungen betrachtet werden). Wie jeder Fachmann weiß, sind die Oberflächen der Fundamente nie so gleichmäßig hoch und eben, daß die Auflagerplatten einfach auf das Fundament gestellt werden können, und es ist immer erforderlich, die Platten aufzukeilen und mit Zement zu untergießen. Um die Isolierplatten durch die Keile nicht zu zerstören, wurde noch eine zweite Eisenplatte unter die Isolierplatte verlegt, unter dieser Platte die Keile angesetzt und die lsolierplatte fest gegen die Fußplatte gedrückt. Der freie Baum zwischen der zweiten Platte und dem Fundament wurde dann in üblicher Weise mit Zement vergossen. Der weitere Hochbau bot keine Schwierigkeiten mehr und entsprach in der Konstruktion dem Üblichen. Interessant ist nur der Umstand, daß die Frontwand des Erdgeschosses frei über der darunter stehenden Stützmauer schwebt. Die Unterstützung ist durch Kragträger, die auf dem Kastenträger der Frontabfangung liegen und als Gegenlast die Frontpfeiler haben, bewerkstelligt. Abb. 27 zeigt eine Frontaufnahme mit dem Zweigelenkrahmen über dem Haupteingang. Am Fuße des rechten Ständers sind die Kragträger für die Aufnahme der Frontwand zu sehen, die noch vor dem Kastenträger der 1. Abfangung steht. Außerdem sind deutlich die Auflagerbleche an den Stützenfüßen zu erkennen, die z. Z. der Aufnahme noch nicht angenietet waren, weil die Stützen noch nicht ausgerichtet sind. Auch die Abfangungsträger sind gut zu erkennen. Abb. 27 schließlich zeigt den Aufbau der eisernen Konstruktion des Hochbaues.  Die gesamten Bauarbeiten zerfielen in drei Abschnitte, davon war

  1.  Sicherung der Hochbahnanlagen und Ausschachtung,
  2.  Gründung
  3.  Hochbau.

Nachdem der Bau einmal beschlossen war, wollte das Gesundheitsamt möglichst schnell in den Besitz der mit diesem Bau zu schaffenden Räumlichkeiten gelangen, und die Bauzeit wurde so kurz wie möglich bemessen. Aus diesem Grunde wurden die statischen Berechnungen zuerst nur so weit durchgeführt, daß die Abfangungen und Fundamentgrößen ermittelt werden konnten. Die verwickelten Gründungsarbeiten, die eine bedeutend längere Zeit in Anspruch nahmen als Bauten mit einfacher Gründung, ließen dann Zeit genug zur Vorbereitung des Hochbaues. Allem voran gingen natürlich die Arbeiten zur Sicherung der Hochbahnanlagen, die nach Abschluß der Verhandlungen mit der Hamburger Hochbahn-Aktiengesellschaft sofort in Angriff genommen wurden und bis zur Fertigstellung des Fundamentplanes und Vergebung der Gründungsarbeiten vollendet waren. Die Überwachung der besonderen Baukonstruktionen und die Prüfung der Zeichnungen für die Eisenkonstruktion lagen gleichfalls in den Händen der Ingenieurfirma Franz Hammerstein, Hamburg. 

Abb.27 Eisengerüst des Hochhauses
Druckversion | Sitemap
© Mein altes Hamburg