Mein altes Hamburg

Andreas Pfeiffer

22587 Dockenhuden/Elbe 

Die Köpfe an St. Jacobi - Küsterei

Ao.1390 hat sich allhier eine abscheuliche Mordgeschichte zugetragen. Einer der Stadtdiener, man will sagen, es sei der Stadtvogt selber gewesen, hatte eine Frau, die offenbar schön, aber böse und untreu war, und als Ihr Wandel ihm bei einer Gelegenheit offenbar wurde, strafte er sie in Gegenwart aller, die zufällig dabei, wie er’s durfte nach göttlichen und menschlichen Rechten; das empfand die Frau übel, doch verbiß sie ihren Grimm und dachte nur, sie wollt’ ihm schon eintränken. Darnach, als sie daheim waren, sorgte sie, dassihr Mann au den Verdruß mehr Wein trank, als Ihm gut war, schenkte ihm brav ein, bis er trunken wurde und auf dem Sessel einschlief, wobei ihm das schwere Haupt seitwärts niederhing. Es war aber gegen Mitternacht. 
Merke, man muß sich nie betrinken, absonderlich nicht auf Aegerniß und Verdruß, und keinenfalls auf Zureden eines Weibes, das man zuvor tödlich beleidigt hat. 
Als nur das Weib ihren Mann schlafen sieht, zieht sie ihm sein Schwert aus der Scheide und haut ihm den Kopf ab. Läuft darauf zu dem Küster zu St.Jacobi, der ihr guter freund war, erzählt im Alles und fordert von Ihm Hülfe, den todten Körper auf die Seite zu bringen. Der dumme Narr, obschon ihm die haut schaudert bei Vernehmung der Mordthat, liess sich wirklich durch des schlechten Weibes glatt Gesicht und liebliche Worte bethören, dass er mit ihr ging, den Leichnam heraus trug und auf St.Jacobi Kirchhof an der Mauer verscharrte. Als beide aber wieder in des entleibten Hause die Blutspuren vertilt hatten und ausrugen wollten von der teuflichschen Arbeit, kam die Furcht an, das frische grab möchte andern Tags entdeckt werden und sie verrathen. Graben es also wieder auf, nehmen den Körper heraus, tragen ihn in des Küsters Haus, um ihn auf dem Feuerheerde zu verbrennen. Aber das Feuer wollte nicht hell flammen und den Körper verzehren, verursachte abber soviel Rauch, ein so erschröckliches Prasseln im Schornstein und so pestilenzialischen Gestank, dass die Nachbarn erwachen, eine Feuerbrunst vermuthen und vor der Hausthüre zusammenkommen, um zu löschen; als der Küster nicht aufmachen will, schlagen sie die Thüre ein, und finden die Bescheerung, den halb verbrannten geköpften Leihnam des armen Stadtdieners, daneben die tiefbeetrübte Witwe und den frommen Küster, welcher ihr Trost einzusprechen vorgiebt. Erkonnte aber nicht lange leugnen und das boshafte Weib auch nicht, und beide ließen es nicht erst auf di scharfe Frage des Büttels ankommen, sondern bekannten Alles. Also kamen sie vor’s Halsgericht, allwo der Stab über ihen gebrochen ward, und empfingen ihren verdienten Lohn, indem das Weib lebendig verbrannt wurde, wobei das Feuer lichterloh flammte und die giftige Schlange bald zu Asche verzehrte, der Küster aber wurde, da er die Mordthat selbst nicht begangen, nur erdrosselt und dann auf’s Rad geflochten.
Zum ewigen Andenken an dieses Abscheuliche Verbrechen und zur Warnung und Abschreckung Aller, die auf bösen Wegen wandeln und da vorbeigehen, hat man über der Hausthür der Küsterei zu St.Jacobi zwei steinerne Menschenköpfe, einen Manns- und einen Weibskopf, eingemauert, welche noch um 1750 daselbst zu sehen gewesen sein sollen. 



( Quelle: Hamburgische Geschichten und Sagen/ Otto Benecke 1886 Foto: ©Privatarchiv Angelika Leimanis

Druckversion | Sitemap
© Mein altes Hamburg