Deutsche Bauzeitung XXXIV. Jahrgang No54 Berlin, den 7. Juli 1900
Die Frage der Errichtung eines Denkmals für Kaiser Wilhelm I. hat in Hamburg nunmehr ihren hoffentlich allseitig befriedigenden Abschluss gefunden, indem die Bürgerschaft am 14. Juni den Senatsantrag über die Ausbildung des Denkmalplatzes einstimmig genehmigt und die geforderten Gelder hierzu bewilligt hat. Eine kurze Wiedergabe der Hauptmomente dieses Antrages mit einem Lageplan des Denkmalplatzes am Rathhausmarkt dürfte für unsere Leser wohl von Interesse sein.
Im April 1898 war durch Beschluss von Senat und Bürgerschaft dem Prof. Johannes Schilling in Dresden die Ausführung des Kaiser-Standbildes mit den zugehörigen Postamenten übertragen worden, nachdem die Denkmal-Kommission den von ihm vorgelegten Entwurf empfohlen hatte. Hierbei wurde aber die von Professor Schilling geplante Ausbildung des Platzes nicht angenommen, sondern es wurde beschlossen, unter den deutschen Künstlern einen Ideen-Wettbewerb über die weitere Gestaltung des Denkmalplatzes auf dem Rathhausmarkte auszuschreiben.
Von den im November 1898 eingegangenen 59 Entwürfen wurde seitens des Preisgerichtes der erste Preis dem Entwurf der Bildhauer C.Garbers und E. Barlach in Altona zuerkannt. Wenn auch das Preisgericht mit einigen Einzelheiten dieses preisgekrönten Entwurfes inbetreff der Abmessungen der geplanten Brunnenbecken zu beiden Seiten des Denkmales nicht ganz einverstanden war und insbesondere wider die im Gegensatz zu der ruhigen und würdevollen Haltung des genehmigten Kaiserbildes etwas unruhige Wirkung des bildnerischen Schmuckes Bedenken geäussert hatte, so wurde doch seitens der Denkmal-Kommission die von den genannten Künstlern erzielte monumentale Einheitlichkeit der Platzausbildung anerkannt und ihr Entwurf daher als Grundlage für die weitere Bearbeitung der Aufgabe angenommen. Mit dieser weiteren Bearbeitung wurde Hr. Prof. Schilling beauftragt, da man annahm, dass auf diese Weise am leichtesten die erforderliche (in dem Entwurf noch vermisste) Uebereinstimmung in der künstlerischen Auffassung und Durchbildung aller Theile der gesammten Denkmals-Anlage werde erzielt werden können. Dass die Verfasser des preisgekrönten Entwurfes zur endgiltigen Ausgestaltung desselben nicht mit herangezogen wurden, erschien der Denkmal-Kommission unbedenklich, weil einmal im Programm des Wettbewerbes die freie Vergebung der Arbeit vorbehalten war und weil die Kommission andererseits den hohen Preis von 5ooo M. als eine angemessene Belohnung für den Sieg in einem solchen Ideen- Wettbewerb glaubte ansehen zu können. - Gleichzeitig nahm man aus mancherlei Zweckmässigkeits- Gründen Abstand von den in jenem Entwurf vorgesehenen beiden Brunnen mit ihrem figürlichen Schmuck.
Hr. Prof. Schilling hat nunmehrden in der beigefügten Abbildung dargestellten Plan der Behörde eingereicht und ihm zur besseren Klarstellung der bildnerischen Ausschmückung ein Modell beigefügt. Es sei hier zunächst bemerkt, dass über die Veränderung des Rathhausmarktes schon im Jahre 1898 von Senat und Bürgerschaft gelegentlich der damaligen Beschlussfassung über die Errichtung des Denkmales an jener Stelle Bestimmungen getroffen worden sind. Hiernach sollen die gesammten Bahnhofsanlagen der Strassenbahn, die zwischen dem Markt und der Baumgruppe an der Nordseite desselben, dem sogen. Kindergarten, vorhanden sind, beseitigt und nur die zu einem durchgehenden Verkehr erforderlichen Gleise hinter dem Denkmal vorbeigeführt werden, wie solches aus dem Plan zu ersehen ist und inzwischen auch schon ausgeführt wird. Die auf dem Platze vorhandenen Bäume sollen möglichst geschont werden, theils um einen guten Hintergrund für die Denkmalanlage zu haben, theils um den Strassenbahn-Verkehr hinter dem Denkmal möglichst gegen die gesammte Anlage zu verdecken.
Ueber die Einzelheiten des Schilling'schen Entwurfes ist Nachstehendes hervorzuheben. Die Grösse und die Art der Begrenzung des Denkmalplatzes verlangt eine monumentale und zugleich dekorative Ausschmückung. Zu dem Zwecke sind vor und hinter dem Denkmal zu beiden Seiten Bogenlampen- Ständer mit ornamentirten Sockeln und an den beiden vorderen Ecken des Platzes mächtige Flaggenmasten für die deutsche und die Hamburger Flagge angebracht, welche aus reich ornamentirter und mit Reliefs geschmückter Basis herauswachsen. Die Stirnseite der Basis ist durch das betreffende Wappen geschmückt. Das Reichswappen wird von zwei Reitergestalten, Krieg und Frieden darstellend, eingerahmt, während neben dem Hamburger Wappen die Flächen mit Gruppen belebt sind, die den Handel zur See und zu Lande darstellen. An der hinteren ovalen Begrenzung des Platzes sind zu beiden Seiten Ruhebänke aufgestellt, deren Hinterwand in der Mitte zur Aufnahme von je einem Relief bedeutend erhöht ist. Das eine dieser Reliefs stellt die Proklamation des Kaisers in Versailles und das andere den Empfang der siegreich heimkehrenden Krieger in Hamburg dar.
Zu beiden Seiten dieser Reliefs sind vier Figurengruppen so weit herausgerückt, dass sie als unabhängige Werke erscheinen und dadurch den durch die Bänke umschlossenen Raum auf das vorzüglichste beleben. Diese Gruppen stellen die Errungenschaften des Friedens in der Regierungszeit des Kaisers dar, nämlich die einheitliche Rechtspflege, einheitliches Maass- und Münzwesen, Arbeiterschutz-Gesetzgebung und endlich Post und Telephon.
Die Auffassung und Durchführung dieser Figurengruppen ist von genialem Wurf. Zur weiteren Ausschmückung des Platzes gehören ferner noch die Greife als Verzierung und Theilung der Bänke, die Bekrönung der Pfeiler hinter den Figurengruppen und das farbig gedachte Steinmosaik des Fussbodens des ganzen Platzes, welcher auf der Schwelle in römischen Ziffern die Jahreszahl 1871 trägt. Um das Denkmal selbst ist ein Achteck in reichem Farbenschmuck mit Blumen und Lorbeerzweigen geplant. Der architektonische Aufbau des Denkmals soll in polirtem, rothem, schwedischem Granit ausgeführt werden.
Die Reiterfigur mit Plinthe, die in den Voluten hängenden Laubgewinde und die Reliefs werden in Bronze gegossen. Die Sockel der Masten und Kandelaber sowie der übrige Theil der Umfriedigung des-Denkmalplatzes sind von fein gestocktem Granit zu fertigen, sämmtliche figürlichen und ornamentalen Theile aus Bronze, die Schäfte der Masten und Kandelaber dagegen aus Schmiedeisen gedacht. Die Fertigstellung ist auf den Zeitraum von 2 Jahren festgesetzt, so dass die Enthüllung des Gesammtwerkes im Sommer 1902 angenommen werden darf. Die von den Behörden bewilligten Kosten sind für die gesammte Denkmalanlage auf 948 7oo M. veranschlagt. In dieser Summe sind die Erneuerung des Wartepavillons und der übrigen Nebengebäude nicht mit einbegriffen, deren Wiederaufstellung späteren Anträgen gemäss vorbehalten bleibt.
Durch die sofortige und einstimmige Annahme dieser Denkmalvorlage seitens der Hamburger Bürgerschaft hat sich diese selber ein rühmlich patriotisches Zeugniss ausgestellt. Die Bevölkerung Hamburgs wird später gewiss stolz sein können auf ein so vornehm in die Erscheinung tretendes Denkmal des verewigten Kaisers. -